Sektion 3: Realismus als Formproblem
Marcello CO-Test, Bonn

„reflecting equally the artificial aspects of everyday life and the lifelike qualities of created art“ – Allan Kaprows Übungen der 1970er-Jahre

Als Begründer des Happenings wird der amerikanische Künstler Allan Kaprow geradezu notorisch als Vorläufer jener zeitgenössischen Partizipationskunst genannt, von der in der Ausschreibung zu dieser Sektion die Rede ist. Er erscheint in dieser Perspektive häufig als Künstler, der sich radikal von dominierenden Formalismen sowie dem Werkbegriff lossagte und zudem jede Repräsentationsformel überspringend das Leben selbst ins Recht setzte. Tatsächlich lässt sich jenseits eines solchermaßen vereinfachten, den Vitalismus betonenden Neo-Avantgarde-Schemas Kaprows künstlerische Entwicklung sehr viel differenzierter als Ringen um eine Problematisierung und Aktualisierung realistischer Kunst begreifen.



In den 1970er-Jahren entwickelte Kaprow in Kalifornien ein neues Format, mit dem er die material- und teilnehmerintensiven Happenings der 1960er-Jahre mitsamt ihrem Anschein der Theatralität hinter sich lassen wollte. Er selbst beschrieb den Übergang zu diesen neuen Arbeiten wie folgt: „A new art/life genre therefore came about, reflecting equally the artificial aspects of everyday life and the lifelike qualities of created art.“ Das neue „Kunst/Leben-Genre“ ist somit nicht als vollendete Entgrenzung der Kunst ins Leben zu verstehen, sondern als Versuch, essentialistischen Vorstellungen von ‚falscher Kunst’ und ‚echtem Leben’ zu entgehen. Für die Beschäftigung mit den ‚kunsthaften’ Aspekten des alltäglichen Lebens sowie den lebenshaften und lebendigen Qualitäten gemachter Kunst entwickelte Kaprow im Verlauf der 1970er-Jahre die Activity als ein spezielles Format. Bei seinen ‚Activities’ handelt es sich um Übungen für zwei Partner, die auf Grundlage einer schriftlichen Anleitung individuell interpretiert und ohne Publikum durchgeführt werden. Diese Übungen, die im Zentrum des Vortrags stehen werden, zeichnen sich durch ein hohes Formbewusstsein aus und arbeiten ausgerechnet mit Verfremdung und Abstraktion, um in den Lebensvollzug der Interpreten hineinzuwirken.
Kurzbiografie Marcello CO-Test
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Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Deutsche Malerei des 19. Jh.s
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