Berufsgruppe Museen
Freitag, 29. März 2019, 9:50–10:15 Uhr, ZHG, Hörsaal 008
Yvonne Arras, Balingen

Heimatlust – Vermittlungsfrust. Über die Crux der Heimatmuseen, „Heimat“ zu kommunizieren

„Heimat“ ist derzeit en vogue. Das zum Heimatministerium aufgemöbelte Innenressort und beneidenswerte Verkaufszahlen von Magazinen wie „Landlust“ zeugen ebenso davon wie Spitzenpositionen ländlicher Gebiete in touristischen Rankings und eigens anberaumte Heimatkongresse. Selbst die „Bild“-Zeitung empfand es kürzlich nicht als provinziell, eine ganze Ausgabe diesem Themenkomplex zu widmen.
Heimatmuseen hingegen, die Relikte heimatlicher Kulturgeschichte sui generis bewahren und auch zur Schau stellen, haftet nach wie vor ein verstaubtes Image an. Nicht selten so gut wie unsichtbar selbst im lokalen Umfeld, vermögen es nicht wenige kaum, anziehend für ortsfremde Besucher – Touristen im weiteren Sinne – zu sein. Häufig gelingt es ihnen daher nicht, Inhalte nachhaltig zu vermitteln, „Heimat“ also in ihrer kulturgeschichtlichen Dimension lebendig werden zu lassen.
Dieser paradoxe Sachverhalt wirft die Frage auf, inwiefern die in Heimatmuseen präsentierten Exponate dazu instrumentalisiert werden können, „Heimat“ authentisch und zugleich nachhaltig zu vermitteln. Die Erörterung dieser Frage soll dabei in zwei Schritten erfolgen: Zunächst sind die Ursachen des verschleierten Stellenwerts von Heimatmuseen zu ergründen. Hierfür müssen bisherige Inszenierungsstrategien, Präsentationstechniken und die Öffentlichkeitsarbeit solcher musealen Spezialeinrichtungen durchleuchtet werden. Auf dieser Grundlage soll das Spektrum der Möglichkeiten aufgefächert werden, das (etwa auch durch die Digitalisierung) heimatkundlich ausgerichteten Museen zur Verfügung steht, um die Exponate so in Szene zu setzen, dass sie ihren Heimat vermittelnden Auftrag zu erfüllen vermögen. Dadurch könnten die entsprechenden Einrichtungen von der allgemeinen Heimatbegeisterung profitieren. Neben der optimistischen Sicht auf die „Dinge“ gilt es aber auch, die Wahrhaftigkeit der in einem Museum mit Hilfe von Objekten künstlich errichteten „Heimat“ kritisch zu hinterfragen und die Grenzen der museal vorgeführten Heimatkunde auszuloten.
Kurzbiografie Yvonne Arras
2006–2011Studium der Kunstgeschichte, Komparatistik und Romanistik in Tübingen
2014–2017Mitarbeiterin in einem DFG-geförderten Projekt im Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Sigmaringen
2017Promotion an der Eberhard Karls Universität Tübingen („Sichtbare Ideologie. Das Hohenzollern-Kloster Stetten im Gnadental und die Doktrin der Dominikanerobservanten“)
seit 2017Leiterin der städtischen Museen und des Stadtarchivs der Kreisstadt Balingen (Zollernalbkreis)
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Bildpolitik des Predigerordens in Mittelalter und Früher Neuzeit; Hohenzollerische Sammlungen; Malerei der Gründerzeit
Publikationsauswahl
  • „… was ich ye gehandlet hab, hab ich gemainer congregation zu guot gethan“. Der Augsburger Johann Faber OP als Generalvikar der Predigerkongregation, in: Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 51 (2017), S. 403–421.
  • Ikonoklastische Energien der (deutschen) Dominikanerobservanten des 15. Jahrhunderts, in: Birgit Ulrike Münch et al. (Hgg.), BilderGewalt. Zerstörung – Zensur – Umkodierung – Neuschöpfung (Kunsthist. Forum Irsee 5), Petersberg 2018, S. 36–41.
  • Familie Vihelin mal zwei. Zur Vihelin-Miniatur in der Fürstlich Hohenzollernschen Hofbibliothek zu Sigmaringen und ihrem Zwilling im Landesmuseum Württemberg in Stuttgart, in: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte 55 (2019, im Druck).
  • Vinzenz Ferrer. Der „Engel der Apokalypse“ im Dienste dominikanischen Reformdenkens, in: Archivum Fratrum Praedicatorum NS 4 (2019, in Vorbereitung).