Berufsgruppe Hochschulen und Forschungsinstitute
Freitag, 29. März 2019, 14:55–15:20 Uhr, ZHG, Hörsaal 008
Nina Samuel, Lüneburg / Beate Söntgen, Lüneburg

Promovieren im Museum – Potentiale und Herausforderungen

Das an der Leuphana Universität Lüneburg eingerichtete, vom BMBF geförderte Promotionskolleg „PriMus – Promovieren im Museum“ ist ein Versuch, Promotion und Volontariatsanteile zusammenzubringen. Das Programm reagiert damit auf eine Kluft zwischen Universität und Museum, Theorie und Praxis, Forschung und Ausstellungsarbeit, die durch die Trennung von Promotion und Volontariat in der Ausbildungsphase entstanden ist. PriMus stützt die Forschung an Museen und profitiert umgekehrt von musealen Praktiken. So wird der Wissensaustausch zwischen Universität und Museen gefördert. Im interdisziplinären Dialog mehrerer Museumstypen (das Projekt schließt Museen für Kunst, Kunstgewerbe, Kulturgeschichte, Literatur und Völkerkunde ein) werden neue Erzählweisen und Formen der Präsentation für Kulturgüter unterschiedlichster Art entwickelt und diskutiert. Die unterschiedlichen Formen und Praktiken des kunst- und kulturwissenschaftlichen Wissens, wie es an Universitäten und Museen generiert wird, werden auf diese Weise wieder stärker verbunden. Die Doktorand/-innen bearbeiten bislang unerforschte Museumsbestände im Rahmen einer Promotion und eines Ausstellungsprojektes zum selben Thema. Ein weiteres Ziel des Programms ist es, in der Parallelität von theoretischer und praktischer Arbeit zu erfassen, welche Themen und Thesen in einem Text und welche mit Objekten in einem Raum darstellbar sind. Der Beitrag untersucht auch, auf welche Weise die Frage der Ausstellbarkeit und das konkrete Hantieren mit, wie vor allem die restauratorische Arbeit zeigt, keineswegs selbstverständlich gegebenen Objekten auf den Forschungsgegenstand auch der Promotionen einwirkt.
Die Frage, was sich wie, mit welchen Mitteln und in welchem Medium zeigen lässt, ruft nicht allein die Materialität von Objekten und ihren Anteil an der Wissensproduktion auf den Plan. Zugleich stellt sich die grundlegende Frage, in welcher Weise Objekte als Zeugnisse figurieren und welchem Geschichtsbild, welchem Argument sie und ihr Arrangement im Text und im Ausstellungsraum zuarbeiten. Über den Aspekt der Wissensproduktion hinaus thematisiert der Beitrag Möglichkeiten und Grenzen der institutionellen Kooperation sowie entsprechender Förderformate.
Kurzbiografie Nina Samuel
1997–2005Studium der Kunstgeschichte und Kulturwissenschaften in Berlin und Paris
2006–2011Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin („Die Form des Chaos. Bild und Erkenntnis in der fraktalen Geometrie und der komplexen Dynamik“)
seit 2017Programmleitung von „PriMus – Promovieren im Museum“ an der Leuphana Universität Lüneburg
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Bildtheorie und Wissenschaftsgeschichte; Museums- und Ausstellungstheorie
Publikationsauswahl
  • (Hg.) The Islands of Benoît Mandelbrot. Fractals, Chaos, and the Materiality of Thinking, New York 2012.
  • Die Form des Chaos. Bild und Erkenntnis in der komplexen Dynamik und der fraktalen Geometrie, München 2014.
  • (Hg. mit Gregory Wittkopp) My Brain Is in My Inkstand: Drawing as Thinking and Process, Bloomfield Hills MI 2014.
  • On Seeing and Believing: Islands of Chaos and the Key Question of Scientific Visualization, in: New Geographies 8 (Harvard University Graduate School of Design), Cambridge MA 2017, S. 88–95.
  • Bilder als Werkzeuge. Lokalisationsmikroskopie und das Versprechen der hohen Auflösung, in: Matthias Bruhn und Sara Hilnhütter (Hgg.), Bilder der Präzision. Praktiken der Verfeinerung in Technik, Kunst und Wissenschaft, Berlin 2018, S. 69–81.
Kurzbiografie Beate Söntgen
1996Promotion an Freien Universität Berlin („Sehen ist alles. Wilhelm Leibl und die Wahrnehmung des Realismus“)
1997–1998Postdoc-Stipendiatin (DFG) im Graduiertenkolleg „Repräsentation – Rhetorik – Wissen“ an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder
1998–2002Wiss. Assistentin am Institut für Kunstwissenschaft der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig
2002–2003Laurenz-Professur für Zeitgenössische Kunst (Assistenz-Professur) an der Universität Basel
2003–2011Professorin für Neuere Kunstgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum
2008–2011Leiterin des weiterbildenden Studiums „Kunstkritik und Kuratorisches Wissen“ an der RUB
seit 2011Professorin für Kunstgeschichte an der Leuphana Universität Lüneburg, seit 2012 Vizepräsidentin für Forschung und Humanities
Kuratoriumsmitglied der VolkswagenStiftung
seit 2016Sprecherin des DFG-Graduiertenkollegs „Kulturen der Kritik“
seit 2017Wiss. Leitung des BMBF-Projekte „PriMus – Promovieren im Museum“
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Kunstgeschichte der Moderne; Geschichte, Theorie und Praxis der Kunstkritik; Kunsttheorie und Ästhetik
Publikationsauswahl
  • Chardin: Inwardness – Emotion – Communication, in: Rüdiger Campe et al. (Hgg.), Rethinking Emotion: Interiority and Exteriority in Premodern, Modern, and Contemporary Thought, Berlin/New York 2014, S. 101–134.
  • Ins Bild kommen, im Bild sein. Versuch über den Auftritt in un-/bewegten Bildern, in: Juliane Vogel und Christopher Wild (Hgg.), Auftreten. Wege auf die Bühne (Theater der Zeit. Recherchen 115), Berlin 2014, S. 191–217.
  • (Hg.) Der Ort der Kunstkritik in der Kunstgeschichte. Zeitschrift für Kunstgeschichte 78 (2015).
  • Formen der Kunstrezeption in der Moderne: Übertragung (Diderot) und Reflexion (Greenberg), in: Heiko Hausendorf und Marcus Müller (Hgg.), Handbuch. Sprache in der Kunstkommunikation, Berlin 2016, S. 135–152.
  • (Hg. mit Ewa Lajer-Burcharth) Interiors and Interiority, Berlin 2016.