Mittwoch, 27. März 2019, 15:30–17:15 Uhr, ZHG, Hörsaal 008

Forum Niederländische Kunst- und Kulturgeschichte

Zwischen Kunsttechnologie und Kunstgeschichte

Moderation: Nils Büttner, Stuttgart / Jochen Sander, Frankfurt a. M. / Berit Wagner, Frankfurt a. M.

Beiträge:

  • Bart Fransen, Brüssel
  • Anna Tummers, Haarlem

Podium:

  • Nils Büttner, Stuttgart
  • Bart Fransen, Brüssel
  • Birgit Ulrike Münch, Bonn
  • Almut Pollmer-Schmidt, Frankfurt a. M.
  • Jochen Sander, Frankfurt a. M.
  • Anna Tummers, Haarlem
  • Berit Wagner, Frankfurt a. M.

Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker begannen schon früh damit, sich zur Beantwortung kennerschaftlicher Fragen auch technischer Hilfsmittel zu bedienen. Die Niederlandeforschung war diesbezüglich von besonderer Bedeutung, da sie sich bereits sehr früh durch eine besondere Objektnähe auszeichnete. Die intensive Beschäftigung mit der Materialität der Objekte war traditionell auch ein Interesse von Restauratorinnen und Restauratoren, die sich für die wissenschaftliche Fundierung ihrer Praxis einsetzten.
Die aus diesem Bemühen erwachsenen Konservierungswissenschaften und die Kunsttechnologie haben vor allem in den letzten Jahrzehnten einen enormen Aufschwung erlebt. Die neuen Methoden und Möglichkeiten der naturwissenschaftlichen Erforschung von Kunst- und Kulturgut haben unser Wissen über die Objekte und ihre Geschichte enorm erweitert. Zugleich haben sich die technische Kunstgeschichte und die Kunsttechnologie zu eigenen Fächern entwickelt. Vormalige Diskrepanzen zwischen den Forschungsinstitutionen Museum und Universität sind in jüngster Zeit oft einem fruchtbaren Kooperieren gewichen – eine Tendenz, die sich in den kommenden Jahren, so die Hoffnung – noch intensivieren wird. Das Forum möchte diskutieren, welche Rolle Kennerschaft für die kunstgeschichtliche Forschung aktuell spielt und in welchen Bereichen die traditionelle Kunstgeschichte der Objekte noch benötigt wird.
Ein Beispiel: Wir stehen heute vor der Situation, dass wir unzählige Bilder kennen, die sich bei ehrlicher Betrachtung keinem Maler zuweisen lassen. Ihnen gegenüber steht eine große Zahl an Malern, von denen wir keine oder nur so wenige Gemälde kennen, dass sich das Œuvre eigentlich nicht rekonstruieren lässt. Das Problem ist lange bekannt, wurde allerdings von der positivistischen Forschung und dem Kunsthandel seit dem 19. Jahrhundert durch teilweise fragwürdige Zuschreibungen bemäntelt. So haben heute auch und gerade die weniger bedeutenden Meister des 17. und 18. Jahrhunderts gewaltige Œuvres, die gleichsam zu Containern für ansonsten anonyme Bilder wurden. So gilt, um ein Beispiel zu nennen, jede flämisch anmutende Waldlandschaft, die nicht „Coninxloo“ heißt, als „Govaerts“. Seestücke mit holländischen Schiffen heißen „Storck“ und jede süßliche Rubenskopie im Kabinettformat ist von „Beschey“. Nur die wenigsten dieser Bilder sind jedoch namentlich bezeichnet. Und unter diesen sind nicht wenige, deren Signaturen gefälscht sind. Als diese Werke im 17. Jahrhundert entstanden, waren Künstlernamen offensichtlich nicht so wichtig, wie sie es heute sind. Gary Schwartz hat schon 1993 auf die paradoxe Situation hingewiesen, dass kaum zehn Prozent der Abertausenden von Gemälden, die in Nachlassinventaren der Vormoderne verzeichnet wurden, einem Künstler zugeschrieben waren. Blickt man nun auf die Bestände der modernen Museen, sind es kaum zehn Prozent der Bestände, die nicht einem Künstler zugeschrieben werden. Mit Blick auf diese Zahlen will es beinahe scheinen, als würden im Laufe der Jahre die Informationen über einzelne Bilder und ihre Maler nicht etwa immer spärlicher fließen, sondern im Gegenteil immer reicher. Das ist nicht der Fall. Wie soll man mit dieser Situation umgehen? Und wie lassen sich Kunsttechnologie und Kunstgeschichte in eine noch fruchtbarere Kooperation bringen?
Das Forum des Arbeitskreises Niederländische Kunst- und Kulturgeschichte will dem skizzierten Dialog zwischen Kunsttechnologie und Kunstgeschichte im Bereich der niederländischen Forschung nachspüren. Denn gerade hier finden sich wegweisende Ansätze etwa im Rahmen des NICAS (Netherlands Institute for Art and Science), welches sich als Forschungsinstitution versteht, die Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften und Data Sciences vereint. Welche methodischen Impulse lassen sich für andere Bereiche der Kunstgeschichte gewinnen? Ferner soll der Frage nachgegangen werden, welche Rolle die früher unter dem Begriff der Kennerschaft versammelten Methoden der Kunstgeschichte im 21. Jahrhundert noch spielen können, dürfen und müssen.

Bitte beachten Sie, dass beim Eintritt zu allen Forumsveranstaltungen – auch am Mittwoch, 27. März 2019 – eine gültige Kongress- bzw. Tageskarte vorzuzeigen ist.


Am Donnerstag, 28. März 2019, 16:00–17:30 Uhr,
stehen im Salon auf dem XXXV. Deutschen Kunsthistorikertag (Foyer des ZHG)
als Ansprechpersonen des Forums zur Verfügung:
Birgit Ulrike Münch, Bonn, und Almut Pollmer-Schmidt, Frankfurt a. M.
Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, zum „Treffen und Parlieren“ vorbeizukommen!