Donnerstag, 28. März 2019, 9:00–15:45 Uhr, ZHG, Hörsaal 009

Objekt oder Werk? Für eine Wissensgeschichte der Kunst

Leitung: Margarete Vöhringer, Göttingen / Michael F. Zimmermann, Eichstätt-Ingolstadt

Der „material turn“ in der Wissenschaftsgeschichte hat auch in der Kunstgeschichte die materiellen, technischen sowie medialen Verfahren der Erkenntnisgewinnung in den Vordergrund gerückt. Doch hat unser Fach auch auf die Wissenschaftsgeschichte zurückgewirkt: Dort sind die ästhetischen und performativen Figurationen des Wissens zum Forschungsgegenstand avanciert.
Die Wissenschaftsgeschichte ist auf die Rekonstruktion der Genese „epistemischer Dinge“ (H.-J. Rheinberger) aus. Welcher Art „epistemischer Dinge“ aber sind Kunstwerke? Dieser Frage geht die Sektion nach – sowohl mit Blick auf die Produktion wie auf die Rezeption von Werken der Kunst. Im Fokus stehen also einerseits die Arbeitstechniken von Künstlern, die ihre Arbeiten aus dem Material heraus entwickeln, andererseits die objektorientierten Analyseverfahren der Kunstgeschichte, der Restaurierung und der Materialforschung, die darüber Aufschluss versprechen. Lassen sich Werkprozesse auch als Experimente mit dem Material verstehen, in dem visuelles Wissen sich immer wieder neu konstituiert? Und welches Wissen vom Werk entsteht, wenn es mit den vielfältigsten, auch technischen Analyseverfahren untersucht wird?
Das Werk zeugt von offenen Prozessen der Gewinnung von (poetischem) Wissen in der Auseinandersetzung mit dem Material, die nun in den Mittelpunkt geraten. Was bedeutet dies für unser Werkverständnis? In einer vielstimmigen Debatte über die Werke als Objekte der materiellen Bearbeitung und Erschließung sollen jene künstlerischen und kunsthistorischen Praktiken diskutiert werden, die Werke zuerst entstehen lassen – bevor sie als Dinge besonderer Art die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich ziehen.

Kurzbiografie Margarete Vöhringer
1993–2000Studium der Kunstwissenschaft & Medientheorie, Philosophie & Ästhetik sowie Medienkunst in Karlsruhe (Magisterarbeit: „Photographie des Fakts: Alexander Rodtschenko“)
2006Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin („Avantgarde und Psychotechnik. Wissenschaft, Kunst und Technik der Wahrnehmungsexperimente in der frühen Sowjetunion“)
2006–2016Wiss. Mitarbeiterin am Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin, ab 2011 Leiterin des Forschungsbereichs „Visuelles Wissen“
2016/17Vertretungsprofessorin am Institut für Kunstwissenschaft und Ästhetik der Universität der Künste Berlin
seit 2017Professorin für Materialität des Wissens an der Georg-August-Universität Göttingen
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Materialität und Ästhetik der Wissenschaften; Künste im wissensgeschichtlichen Horizont; Wahrnehmungsforschung, Kulturtechniken des Sehens; russische Avantgarde
Publikationsauswahl
  • Avantgarde und Psychotechnik. Wissenschaft, Kunst und Technik der Wahrnehmungsexperimente in der frühen Sowjetunion, Göttingen 2007.
  • (Hg. mit Yvonne Wübben) Phantome im Labor: Die Verbreitung der Reflexe in Hirnforschung, Kunst und Technik. Themenheft der Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 32 (1), 2009.
  • The Museum Darwinianum and Evolutionism in Early Soviet Russia, in: Cultures of Evolution, special edition of the History and Philosophy of the Life Sciences 31.2 (2009), S. 279–294.
  • (Hg. mit Anke Te Heesen) Wissenschaft im Museum – Ausstellung im Labor, Berlin 2014.
  • Der Augenspiegel. Sehen und Gesehen werden im 19. Jahrhundert, in: Beate Ochsner und Robert Stock (Hgg.), senseAbility. Mediale Praktiken des Sehens und Hörens, Bielefeld 2016, S. 45–58.
Kurzbiografie Michael F. Zimmermann
bis 1985Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Philosophie in Köln, Rom und Paris (Dissertation: „Seurat. Sein Werk und die kunsttheoretische Debatte seiner Zeit“)
1985–1990Wiss. Assistent an der FU Berlin
1990–1991Wiss. Assistent am Kunsthistorischen Institut in Florenz
1991–2002Zweiter Direktor am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München
2000Habilitation zum Thema Industrialisierung der Phantasie
2002–2004Professor für Kunstgeschichte an der Université de Lausanne
seit 2004Lehrstuhlinhaber an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte _