Die Sektion thematisiert die untrennbare Verflechtung des Objekts mit seiner Eigentums- und Besitzgeschichte. Im Zentrum stehen drei voneinander abhängige Fragen: Welche materiellen Spuren der verschiedenen Besitzer lassen sich in und auf dem Objekt selbst ausfindig machen? Wie wirkt sich die Provenienz eines Objekts auf dessen monetären wie ideellen Wert aus? Wie beeinflusst die Eigentums-, Ausstellungs- und Diskursgeschichte eines Objekts dessen Rezeption als Kunst- und Kulturgut sowie seine Wahrnehmung bei privaten und öffentlichen Sammlern?
Die Provenienzforschung rückt zunächst das Objekt als Untersuchungsgegenstand wieder stärker in den Fokus der Forschung. Das sollte jedoch nur Start- und nicht Endpunkt von wissenschaftlichen Untersuchungen sein. So werden in den Beiträgen der Sektion Überlegungen und Ergebnisse präsentiert, in denen aus der Provenienzforschung ein Erkenntnisgewinn für umfassendere Fragestellungen resultiert. Adrien Palladino untersucht, wie die verschiedenen Besitzkontexte eines spätantiken Elfenbeinkästchens dessen Funktion, Wahrnehmung und äußeres Erscheinungsbild modifizierten. Fabienne Huguenin und Kathrin Kleibl problematisieren den schwierigen Umgang mit Objekten aus wissenschaftlichen Sammlungen in heutigen Museen. Sheila Heidt referiert über methodische Überlegungen zur Provenienzforschung bei Entzügen im Kontext des Kolonialismus, für den noch immer anerkannte Leitlinien und wichtige Grundlagenforschung fehlen. Gail Levin und Antoinette Maget Dominicé fragen dagegen, inwiefern die Eigentums- und Besitzgeschichte Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Objektes haben kann. Levin zeigt dies an der durch räuberische Entwendung, Vertuschung und Dokumentenfälschung geprägten Provenienzgeschichte eines Gemäldes von Edward Hopper. Maget Dominicé hinterfragt die Gedächtnisdimension von Kulturgütern, indem sie der Frage nachgeht, durch welche Faktoren deren identitätsstiftender Charakter beeinflusst wird.