Vielfältig sind die Veränderungen, die im digitalen Zeitalter über die Erforschung von Zeichnung und ihre kennerschaftliche Beurteilung hereinbrechen: Datenbanken stellen in ungekannter Weise Vergleichsmaterial zur Verfügung, erfordern aber auch neue Erfassungskriterien, zwingen zur Überprüfung traditioneller Sichtweisen. Zugleich eröffnen sich neue Erkenntnispotentiale, die ihrerseits neue Anforderungen an die Ausbildung stellen. Fragen drängen sich auf: Welche Kriterien leiten die Erschließung der Zeichnungsbestände in Graphischen Sammlungen und Kabinetten, welche wissenschaftlichen Anforderungen müssen dabei berücksichtigt werden? Werden Informationen nur leichter, umfangreicher und bildgestützt erreichbar oder besitzt die bessere Verfügbarkeit eine neue Qualität für die Forschung? Stellt die explosionsartig ansteigende Materialmenge traditionelle Methoden in Frage, wie könnten und sollten neue digital gestützte Ansätze und vertraute Praktiken zueinander ins Verhältnis gesetzt werden? Impliziert die neue Materialbasis neue Problemstellungen und methodische Ansätze? Für welche Frageansätze genügt diese Dokumentationsform? Bleibt Autopsie andererseits unverzichtbar und Kennerschaft ein zwingend erforderliches Instrumentarium? Kann digitale Vergleichbarkeit die Modi vergleichender Formanalyse verändern?
In den Beiträgen der Sektion wird der Themenkomplex aus verschiedenen Perspektiven aufgenommen. Grundsätzliche Fragen zur Erfassung und Rubrizierung von Bilddaten werden aufgeworfen, die Relevanz von digital zugänglichem Material wird an Fallbeispielen niederländischer und italienischer Zeichnungen analysiert, das Potential spezifischer datentechnischer Untersuchungsmethoden für die Zeichnungsanalyse problematisiert und die Bedeutung eines datengestützten kennerschaftlichen Herangehens in der Ausbildung von Kuratorinnen und Kuratoren, aber auch als disziplinrelevantes Arbeitsinstrument thematisiert.