Lassen sich Technik und Gestaltung getrennt voneinander verhandeln oder sind sie stets als Einheit zu sehen? Diese Frage stellt sich nirgends drängender als bei den druckgrafischen Verfahren, die häufig arbeitsteilig organisiert sind und einen doppelten Übertragungsprozess involvieren: von der Entwurfszeichnung zum Druckstock beziehungsweise der Kupferplatte ins gedruckte Bild. Gibt es eine dem Hoch- oder Tiefdruck angemessene Form? Eine Form, die dem Holzschnitt, dem Kupferstich, der Radierung „entspricht“? Wenn ja – wie ließe sich diese Entsprechung beschreiben: über einen besonders ökonomischen Einsatz der Mittel oder über die Inszenierung von Virtuosität? Über eine Semantisierung der Techniken und Materialien oder über deren Transzendierung? Welchen Stellenwert hat das Technische gegenüber dem Gestalterischen und wie funktioniert das Zusammenspiel zwischen Auftraggeberinnen/Auftraggebern beziehungsweise entwerfenden Künstlerinnen/Künstlern und Stecherinnen/Stechern?
In unserer Sektion werden wir einen neuen Blick auf diese Fragen werfen. Dabei geht es uns zum einen um Antworten, die in den Werken der Druckgrafik selbst aufscheinen – sei es durch einen spezifischen Einsatz der Linie beziehungsweise den Gegensatz von (schwarzem) Lineament und (weißen) Flächen, sei es durch Konzepte einer tonalen Abstufung. Zum anderen wollen wir uns der Relation zwischen gedrucktem Bild und Entwurf nähern: Welche Informationen muss der Künstler dem Stecher liefern? Wie funktionieren die Aushandlungsprozesse? Und schließlich sollen die kunsthistorischen Narrative einer Kongruenz von Form und Verfahren thematisiert werden, die insbesondere die Rezeption von Druckgrafik wirkmächtig begleitet haben und bis heute begleiten.