Für die Kultur des Mittelalters war der Reform-Begriff (reformare, reformacio) von zentraler Bedeutung. Anknüpfend an den paulinischen Erneuerungsgedanken (Röm. 12,2; Phil. 3,21) wurde Kultur- und Bekehrungsarbeit wesentlich als Reform-Arbeit, als eine stetige Bemühung um Formfortschritt verstanden. Dabei ist nicht nur an die ambitionierten Bildungsreformen Karls des Großen, sondern insbesondere an die monastischen Erneuerungsbewegungen des hohen Mittelalters zu denken. Der Reform-Gedanke implizierte dabei nicht nur Wandel und Erneuerung, sondern stets auch Rückwendung zu einem früheren, als ideal vorgestellten Zustand oder Urbild.
In der Sektion soll nach diesen zugleich dynamischen wie anachronistischen Momenten des Reform-Begriffs gefragt werden. In den einzelnen Vorträgen wird das Verständnis der sog. „Reformarchitektur“, die Verwendung von Bildformularen zur Visualisierung der dominikanischen Ordenstradition, die christliche Umformung eines heidnischen Reliefs sowie die Formfindung liturgischer Geräte mit typologischen Bildprogrammen diskutiert werden.
Um Operationen an Bildern und Neuformulierungen greifen zu können, werden Aspekte politischer, theologischer sowie gesellschaftlich-sozialer Formungsprozesse und Umbrüche die Überlegungen leiten. Wie wurden Bildformen und -formulare in Transformationsprozessen zitiert und kontextgebunden neu formuliert? Inwiefern fungierte im christlichen Mittelalter die Rückwendung zu alten Formen als ein Movens für künstlerische Innovation?