Arbeitskreis Digitale Kunstgeschichte
Mittwoch, 23. März 2022, 13:35–13:55 Uhr, K2, Hörsaal 17.01
Linda Freyberg, Potsdam / Sabine de Günther, Berlin

Digitale Kontextualisierung und visuelle Reinszenierung vestimentärer Quellen

In der Immaterialität des Digitalen lassen sich unterschiedliche Quellenarten gleichwertig sichtbar und analysierbar machen und die Schranken der Form werden „aufgehoben“. Textile Ensembles, bildliche Darstellungen und Dokumente werden durch Digitalisierung gleichermaßen zu diskretem Code, der idealerweise standardisierte formale und inhaltliche Beschreibungen enthält. Die digitale Verzahnung der verschiedenen Quellen und Materialarten führt die Informationswerte der Einzelquellen zusammen und kontextualisiert diese. In dem Ende 2020 gestarteten Forschungsprojekt „Restaging Fashion“ werden Bildquellen der Lipperheideschen Kostümbibliothek – Sammlung Modebild der Staatlichen Museen zu Berlin, ausgewählte textile Artefakte des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg und Schriftquellen zur Dokumentation von Kleidung, Mode und Kostüm digital in Beziehung gesetzt und für die Forschung sichtbar gemacht.

Der Einsatz von Visualisierung als Analysewerkzeug und Erkenntnismittel erlaubt dabei einen strukturierten Zugriff auch auf große Datenmengen sowie die dynamische Präsentation nach vielfältigen Dimensionen. Durch Bildlichkeit werden Morphologien sichtbar und tragen zum Erkenntnisgewinn bei. Für die Erfassung der historischen Kleiderensembles stehen die Erprobung eines objekt- und materialangemessenen Digitalisierungsprozesses im fotogrammetrischen 3D-Verfahren sowie eine webbasierte dreidimensionale Präsentation im Vordergrund. In diesem Projekt werden sowohl das einzelne Objekt in seiner Materialität und seinen Eigenschaften verfügbar gemacht als auch abstrakte Dimensionen und der größere Kontext der Sammlung aufgezeigt.

In diesem Vortrag soll ein Ansatz der digitalen Verzahnung verschiedener Quellen und ihrer Informationswerte exemplarisch an dem Projekt „Restaging Fashion“ vorgestellt werden. Den Innovationsgrad dieses Projekts stellt zum einen die Integration textiler Objekte sowie zum anderen die gleichwertige visuelle Präsentation der verschiedenen Quellen- und Materialarten dar, mit dem Ziel, die Quellentrias Bild–Text–Realie zusammenzuführen. Dabei steht die Methode der Visualisierung im Fokus, die nicht als bloße Präsentationsform der Objekte aufgefasst wird, sondern als Forschungsinstrument, welches durch semantische Arrangements und interaktive Zugriffsmöglichkeiten die Grundlage für neue Erkenntnisse bildet.
Kurzbiografie Linda Freyberg
2004–2011Studium der Bibliothekswissenschaft und Kunstgeschichte in Berlin
2011–2013Mitarbeiterin im Projekt „dimekon“ zum Einsatz digitaler Medien in der Lehre am Computer- und Medienservice der Humboldt-Universität zu Berlin
2014–2017Projektkoordinatorin mylibrary an der Fachhochschule Potsdam zur Erforschung von Augmented Reality in Informationseinrichtungen
2016–2020Stipendiatin im Professorinnenprogramm der Fachhochschule Potsdam
seit 2020Projektleiterin „Rechtliche Fragen in Citizen-Science-Projekten“ am Museum für Naturkunde Berlin – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung
2021Promotion an der Leuphana Universität Lüneburg („Ikonizität der Information – Die Erkenntnisfunktion struktureller und gestalteter Bildlichkeit in der digitalen Wissensorganisation“)
seit 2021Senior Researcher am UCLAB der Fachhochschule Potsdam im Projekt „Restaging Fashion“
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Visualisierung; Diagrammatik; digitales Kulturerbe; Ikonizität (nach Charles Sanders Peirce)
Publikationsauswahl
  • Diagrammatik und Wissensorganisation, in: LIBREAS. Library Ideas 2/2012 (Nr. 21), o. S.
  • Density of Knowledge Organization Systems, in: Proceedings of Wissensorganisation 2017. 15. Tagung der Deutschen Sektion der Internationalen Gesellschaft für Wissensorganisation (ISKO) (WissOrg’17), Berlin 2018, S. 25–30.
  • Iconicity as Simultaneous Plurality – Beyond the restraints of formal knowledge organization systems, in: Elize Bisanz (Hg.): Charles S. Peirce. Bridging the Disciplinary Boundaries of Natural Sciences and Humanities, PEIRCE STUDIES Vol. X., Frankfurt a. M. 2019, S. 123–150.
Kurzbiografie Sabine de Günther
1997Studium der Kunstgeschichte, Medienwissenschaften und Romanischen Philologie in Marburg
seit 1997freiberufliche Tätigkeit als Kunsthistorikerin (Staatliche Museen zu Berlin, Germanisches Nationalmuseum u. a.)
2013–2016Wiss. Mitarbeiterin am Exzellenzcluster „Bild Wissen Gestaltung“, Projekt „Mehrdimensionale Sammlungserschließung“, an der Humboldt-Universität zu Berlin
2016Konzeption und Durchführung der Tagung „Zeichen und Symbole. Kleidung zwischen Bild und Realie“
2016–2020Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin („Bildkosmos der Moden: Die Gemäldesammlung des Franz von Lipperheide. Genese – Kontext – Werkverzeichnis“)
2018Stipendiatin am Exzellenzcluster „Bild Wissen Gestaltung“
seit 2020Fortführung der Sammlungsarbeit im Projekt „Restaging Fashion – Digitale Kontextualisierung vestimentärer Quellen“ am UCLAB der Fachhochschule Potsdam
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Kleiderforschung; digitale Kunstgeschichte; Druckgrafik des 18. und 19. Jh.s
Publikationsauswahl
  • Der Regency-Dandy, in: Adelheid Rasche und Gundula Wolter (Hgg.): Ridikül! Mode in der Karikatur 1600 bis 1900, Berlin 2003.
  • (Hg. mit Philipp Zitzlsperger) Signs and Symbols. Dress at the Intersection between Image and Realia, München 2018.
  • (mit Thekla Weissengruber) Kleiderwirklichkeit und Bildfindungen im 19. Jahrhundert. Ihre Nachnutzung und Transformation im musealen Kontext, in: netzwerk mode textil (Hg.): Jahrbuch nmt 2020, Augsburg 2021, S. 7–17.