Berufsgruppe Museen
Freitag, 25. März 2022, 9:15– 9:45 Uhr, K2, Hörsaal 17.01
Almut Pollmer-Schmidt, Frankfurt am Main

Vom Glück, im Museum zu forschen

In den letzten Jahren sind mehrere Bestandskataloge erschienen, die sich der Verknüpfung von kunsthistorischen und restaurierungswissenschaftlichen Methoden verpflichtet gesehen oder sich sogar primär auf gemäldetechnologische Untersuchungen fokussiert haben. Damit setzen diese unterschiedlich dimensionierten Projekte eine Praxis fort, welche sich sowohl international als auch national als Standard etabliert hat. Die verfügbaren technischen Möglichkeiten ermöglichen faszinierende Einblicke in die Beschaffenheit der Objekte; die Interpretation der Ergebnisse erfordert allerdings auch eine sehr spezifische Qualifizierung. Es ist Konsens, dass eine derartige Objektforschung nur im Verbund zu leisten ist. Dabei stellt sich allerdings die Frage nach den Aufgaben für Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker: Bewerten sie die gemäldetechnologischen Befunde „nur“ oder setzen sie auch fachspezifische Akzente? Die Interpretation der gemäldetechnologischen Befunde bedeutet bereits eine wichtige Übersetzungsarbeit, die neben der Aufarbeitung von Literatur und Provenienz geleistet werden muss – bleibt da Raum für zusätzliche, etwa kulturhistorische Perspektiven?

Dieserart Bestandsforschung ist nur ein Aspekt dessen, was in Museen möglich ist. Die Pandemie hat nicht nur erzwungen, über die Ausführbarkeit größer dimensionierter Ausstellungen zu reflektieren, sondern noch einmal verstärkt den eigenen Bestand als Ausgangspunkt für die Publikumsarbeit ins Zentrum gerückt. Es ist geübte Praxis, Forschungsresultate für fokussierte Ausstellungen fruchtbar zu machen. Eine Beschränkung auf die technologischen Aspekte allein erscheint nicht immer sinnvoll; die kultur- und sozialhistorische Verortung der Objekte oder sonstige Blickwinkel, die aus der kunsthistorischen Beschäftigung erwachsen, bieten selbstredend ebenfalls Potential für Sonderpräsentationen (und/oder den digitalen Raum): Voraussetzung ist allerdings eine ebenso intensive Erforschung. Damit sei für Kreativität plädiert, die ungehobenen Schätze in Museen zu sehen, und für neue Kooperationen, die mehr (Arbeits-)Möglichkeiten schaffen, um im Museum glücklich zu sein.
Kurzbiografie Almut Pollmer-Schmidt
1997–2003Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Ev. Theologie in Dresden und Leiden („Die sichtbare Börse. Die Sammlung Adriaan van der Hoop (1778–1854) zwischen privater und kultureller Wahrnehmung“)
2003–2004Wiss. Mitarbeiterin am Amsterdam Historisch Museum
2004–2009Assistent-in-opleiding an der Universiteit Leiden, Pallas (Institute of Cultural Disciplines)
2009–2010Wiss. Volontärin am LWL-Landesmuseum für Klosterkultur – Stiftung Kloster Dalheim
2010–2012Wiss. Volontärin am Städel Museum
2011Promotion an der Universiteit Leiden („Kirchenbilder. Der Kirchenraum in der holländischen Malerei um 1650“)
2012–2015Wiss. Mitarbeiterin am Städel Museum in verschiedenen Projekten, darunter Ausstellung „Dürer. Kunst – Künstler – Kontext", Forschungsprojekt "Zeitreise. Das Städel Museum im 19. Jahrhundert“
2015–2021Wiss. Mitarbeiterin am Städel Museum, DFG-Projekt „Deutsche Malerei im Städel Museum 1550–1800, Teil 1: 1550–1725“
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Niederländische und deutsche Malerei des 16.–18. Jh.s; Sammlungs- und Ausstellungsgeschichte
Publikationsauswahl
  • „meditatie“. Zur Verwandtschaft von Meditation und Kunstbetrachtung, in: Claudia Fritzsche, Karin Leonhard und Gregor J. M. Weber (Hgg.): ad fontes! Niederländische Kunst des 17. Jahrhunderts in Quellen, Petersberg 2012, S. 109–135.
  • Imagined Spaces: Perspectives on the Study of Church Interiors and Cityscapes, in: Wayne Franits (Hg.): The Ashgate Research Companion to Dutch Art of the Seventeenth Century, London/New York 2016, S. 129–150.
  • Kirchenbilder. Der Kirchenraum in der holländischen Malerei um 1650, Weimar 2017.
  • Maler in Frankfurt 1550–1700. Versuch einer Übersicht, in: Miriam Hall Kirch, Birgit Ulrike Münch und Alison G. Stewart (Hgg.): Crossroads. Frankfurt am Main as Market for Northern Art 1500–1800, Petersberg 2019, S. 226–255.
  • Deutsche Gemälde im Städel Museum 1550–1725 (mit gemäldetechnologischen Untersuchungen von Christiane Weber und Beiträgen von Fabian Wolf), Berlin/München 2021.