Heilserwartung – Heilswir­kung. Die öffentliche In­sze­nie­rung der Bilder im Spät­mit­tel­alter

Leitung: Manuel Teget-Welz, Erlangen-Nürnberg / Gerhard Weilandt, Greifswald

Die Sektion nimmt die öffentliche Inszenierung solcher Bilder und Objekte in den Blick, denen im Spätmittelalter Heilswirkung zugesprochen wurde. Den Genius loci der Tagung aufnehmend, geht es dabei vorrangig um die Reichsstadt Nürnberg als Untersuchungsfeld. Hier lassen sich besser als andernorts grundlegende Studien durchführen, die auf einer großen Zahl relevanter Objekte (z. B. Reichskleinodien, Sebaldusgrab, Konstantin-Helena-Ikone) aufbauen können, die sich zudem durch die zeitgenössischen Quellen kontextualisieren lassen. Auch die räumliche Verortung der Phänomene ist durch die hervorragend dokumentierte Topografie Nürnbergs möglich.

Mittelalterliche Bildwerke waren mehr als ästhetische Artefakte, sie verlangten eine unmittelbar erfahrbare Inszenierung im öffentlichen Raum. Reliquien waren kaum denkbar ohne ein Publikum, das sie verehrte und bereit war, hierfür Abgaben zu leisten. In den performativen Akten der Weisungen vollzog sich die publikumswirksame Heilserfahrung. Alljährlicher Höhepunkt in Nürnberg war die Präsentation der Reichskleinodien, für die ein turmartiger Heiltumstuhl auf dem Hauptmarkt errichtet und als Handreichung ein illustriertes Büchlein gedruckt wurde. Die Veranstalter nutzten die Schauen zur Selbstdarstellung, auch in bewusster Konkurrenz zu benachbarten Orten wie z. B. Bamberg oder auch Altötting.

Die Forschung zu diesem Themenkomplex ist in der jüngeren Vergangenheit stetig intensiviert worden, so dass es an der Zeit ist, am Beispiel Nürnberg die Ergebnisse zu reflektieren und Neuansätze auszuloten. Die Sektion möchte dazu anregen, die ästhetische wie magische Wirkung ebenso zu hinterfragen wie die gesellschaftlichen Kontexte. Was verbanden die Besitzer und die Besucher mit den Präsentationen? Welche Rolle spielte Licht bei der Inszenierung von Heilsobjekten? Welche ephemeren oder ständigen Auswirkungen hatten die Präsentationen auf den umgebenden Stadtraum? Gab es ortsspezifische Charakteristika in der Inszenierung von Heilsobjekten?

 

 

Kurzbiografie Manuel Teget-Welz
2007Promotion im Rahmen des DFG-Graduiertenkollegs „Kulturtransfer im europäischen Mittelalter“ („Martin Schaffner. Leben und Werk eines Ulmer Malers zwischen Spätmittelalter und Renaissance“)
2007–2009Länderstipendium des Freistaats Bayern am Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München
2010–2012 Wiss. Volontariat bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, München (Stationen: Bayerisches Nationalmuseum und Staatliche Münzsammlung München)
2012–2014 Mitarbeit am Forschungsprojekt „Zeichnen seit Dürer. Die süddeutschen und schweizerischen Zeichnungen der Renaissance in der Universitätsbibliothek Erlangen“
seit 2014Kurator mehrerer Sonderausstellungen zu den Altmeisterzeichnungen in der UB Erlangen: „Peter Flötner. Renaissance in Nürnberg“, „Zeichnen in Cranachs Werkstatt“, „Michael Wolgemut. Mehr als Dürers Lehrer“, „Hans von Kulmbach und die Kunst um Dürer“
seit 2014Wiss. Mitarbeit am Institut für Kunstgeschichte der FAU Erlangen-Nürnberg
2017Habilitation („Ingeniosus Magister. Der Augsburger Bildhauer Gregor Erhart“)
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Malerei, Skulptur, Grafik und Medaillenkunst um 1500 im süddeutschen Kulturraum; Kulturtransfer zwischen Italien und dem Norden; Auftraggeberforschung (insb. Augburg und Nürnberg); Kunst und Reformation; Text- und Bildrezeption altdeutscher Kunst in der Avantgarde
Publikationsauswahl
  • Martin Schaffner. Leben und Werk eines Ulmer Malers zwischen Spätmittelalter und Renaissance (Forschungen zur Geschichte der Stadt Ulm 32). Stuttgart 2008.
  • (Hg. mit Wolfgang Augustyn) Hans Burgkmair. Neue Forschungen 1 (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München 44), Passau 2018.
  • (Hg. mit Benno Baumbauer und Dagmar Hirschfelder) Michael Wolgemut. Mehr als Dürers Lehrer (Schriftenreihe der Museen der Stadt Nürnberg 19), Ausst. Kat. Nürnberg 2019–2020, Regensburg 2019.
  • Wir waren schon da! Deutsche Künstler vor Dürer in Venedig. In: Andreas Tacke, Birgit Ulrike Münch et al. (Hgg.): Künstlerreisen: Fallbeispiele vom Mittelalter bis zur Gegenwart (Schriftenreihe des Kunsthistorischen Forums Irsee 7), Petersberg 2020, S. 10–25.
  • Ingeniosus Magister. Der Augsburger Bildhauer Gregor Erhart (Studien zur internationalen Architektur- und Kunstgeschichte 181), Petersberg 2021.
Kurzbiografie Gerhard Weilandt
1976–1983Studium der Geschichte und Kunstgeschichte in Bonn und München (Magisterabschluss im Fach Geschichte)
1983–1989Promotionsstudium im Fach Geschichte („Geistliche und Kunst. Ein Beitrag zur Kultur der ottonisch-salischen Reichskirche und zur Veränderung künstlerischer Traditionen im späten 11. Jahrhundert“), gefördert v. der Studienstiftung des Deutschen Volkes
1990–1994DFG-Stipendiat am Württembergischen Landesmuseum Stuttgart; konzeptionelle und organisatorische Mitarbeit am Ausstellungsprojekt „Meisterwerke massenhaft. Die Bildhauerwerkstatt des Niklaus Weckmann und die Malerei in Ulm um 1500“
1995–2004 Wiss. Angestellter beim DFG-Forschungsprojekt „Fränkische Tafelmalerei. Die Werkstätten von Hans Pleydenwurff und Michael Wolgemut“
2004Habilitation an der Technischen Universität Berlin im Fach Kunstgeschichte („Die Sebalduskirche in Nürnberg. Bild und Gesellschaft im Zeitalter der Gotik und Renaissance“)
2004–2010Gast- und Vertretungsprofessuren an den Universitäten Graz, Kassel und Heidelberg; Forschungsaufenthalt am Geisteswissenschaftlichen Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (GWZO) in Leipzig
2011–2023Ordentliche Professur für Kunstgeschichte an der Universität Greifswald
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Architektur, Malerei und Plastik des Mittelalters und der Frühen Neuzeit; ottonische Kunst; Bildfunktionen und Sakraltopografie; Kunstgeschichte des Ostseeraums; digitale Kunstgeschichte
Publikationsauswahl
  • (Redaktion und zahlreiche Beiträge) Meisterwerke massenhaft. Die Bildhauerwerkstatt des Niklaus Weckmann und die Malerei in Ulm um 1500, Ausst.-Kat., Stuttgart 1993.
  • (Hg. mit Kaja von Cossart) Die Ausstattung des Doberaner Münsters. Kunst im Kontext (Edition Mare Balticum 2), Petersberg 2018.
  • Alltag einer Küsterin – Die Ausstattung und liturgische Nutzung von Chor und Nonnenempore der Nürnberger Dominikanerinnenkirche nach dem unbekannten „Notel der Küsterin“ (1436), in: Anna Moraht-Fromm (Hg.): Kunst und Liturgie, Ostfildern 2003, S. 159–187.
  • Nürnberger Fensterstiftungen des späten Mittelalters als Zeugnisse adelsgleichen familiären Selbstverständnisses, in: Wolfgang Augustyn und Andrea Worm (Hgg.): Visualisieren – Ordnen – Aktualisieren. Geschichtskonzepte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit im Bild, Passau 2020, S. 169–186.
  • Der Bamberger Dom als Heilsgeschichtsraum. Teil I: Ezechiels Vision und die Skulpturen der Älteren Werkstatt, Petersberg 2022.