Wie umgehen mit dissonantem Erbe, zerfallenden Bauten und verstörenden Orten aus der Zeit des Nationalsozialismus? Die Sektion will weniger die Geschichte der Verdrängung sowie der teils versuchten, teils andauernden Umnutzung und Aneignung dieser Strukturen rekapitulieren. Vielmehr geht es darum, den Status quo der kunsthistorischen und architekturgeschichtlichen Adressierung dieser Herausforderungen zu bilanzieren. Weil somit der fachwissenschaftliche Zugriff selbst – methodische Grundlagen, Perspektiven und Konzepte – im Fokus steht, gerät in besonderer Dringlichkeit das Verhältnis von professioneller Expertise, politischen Positionen und Vorstellungen der Zivilgesellschaft in den Blick.
Die Beiträge – zum Weimarer Gauforum, zu stadtbildprägenden Hochbunkern, zur Kongresshalle auf dem Nürnberger Reichsparteitagsgelände – markieren Positionen in einem Koordinatensystem. Rekonstruktion und Analyse der mit diesen Architekturen und Räumen verbundenen Diskurse tragen zur Beantwortung der zentralen Frage bei: Welche Form der inhaltlichen Auseinandersetzung ist für die räumlich komplexen Orte massenwirksamer Propaganda adäquat?
Ungeachtet der Abbrüche, Transformationen, Interventionen und Appropriierungen sind die monumentalen Raumstrukturen des Nationalsozialismus immer auch Überreste der Selbstdarstellung von Partei und Staat. Die kulturpolitischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger stehen vielerorts einer vielschichtigen Interessenslage und komplexen konservatorischen Problemen gegenüber. Die Sektion ist als offene selbstkritische Sondierung konzipiert: Welche Verfahrensweisen sind für eine zunehmend plurale und diverse europäische Gesellschaft angemessen? Wie erinnern, gestalten und vermitteln wir als nachgeborene Kunst- und Architekturhistoriker/-innen Relikte totalitärer Diktaturen?