Bild und Verführung: Denk­mal­pfle­ge­ri­­scher Umgang mit digital erzeug­ten Räu­men und ihren Bildern von Ge­schichte

Leitung: Martin Bredenbeck, Brauwei­ler/Ko­blenz / Andreas Putz, München

Mit neuen digitalen Möglichkeiten der Erzeugung von virtuellen Realitäten, der Visualisierung und Rekonstruktion historischer Architektur und Bauzuständen in Heritage/Historic Building Information Models oder der hybriden Durchdringung von physischem Raum und historischen Bildern mittels Augmented Reality ergeben sich andere Fragestellungen als sie bisher angesichts physischer Rekonstruktionen diskutiert werden. In den digitalen Raum lässt sich in einer vorher nicht dagewesenen und verführerischen Weise eintauchen. Die gewachsene materielle Substanz wird im virtuellen Raum nicht angefasst. Verschiedene, sich auch gegenseitig ausschließende Schichten der Geschichte, historische Prozesse und Brüche können virtuell übereinandergelegt, ein- und ausgeschaltet werden. Solche Darstellungsweisen sind in Museen oder im Rahmen von historischen Stadtführungen und Stadterkundungen oft Mittel der Vermittlung und Popularisierung historischen Wissens. Hier können sie maßgeblich zur Stärkung eines Denkmalverständnisses beitragen. Sie sind auch Mittel der bauarchäologischen, bauhistorischen und denkmalpflegerischen Auseinandersetzung.

Diese Methoden greifen oft gut bekannte historische Bildquellen auf, wählen aus und ordnen die Bilder der Geschichte neu – und legen dabei ihre Motive und Vorgehensweisen nicht immer reflexiv offen. Sie erweitern die Bilder auch mit für die Betrachtenden nicht immer klar erkennbaren Interpretationen, sie füllen Lücken der Überlieferung, damit das augmentierte Bild in einem bestimmten Sinne passt und stimmig ist. Kennzeichnend ist oft die Konzentration auf die Darstellung einer homogenen, jedenfalls abgeschlossenen Epoche. Wie steht es um die Gefahr der Reduktion auf bildhafte Projektionen eines vorgegebenen historischen Verständnisses einer Situation – und wie gelingt es, für die denkmaltheoretische wie denkmalpraktische Diskussion einen kritischen Blick auf affektive und affirmative Geschichtsbilder und deren ubiquitäre Verbreitung zu bewahren?

 

 

Kurzbiografie Martin Bredenbeck
2009/2010Mitbegründer der „Initiative Beethovenhalle“ und der „Werkstatt Baukultur Bonn“
2011–2016Wiss. Referent für Denkmalpflege und Baukultur beim Bundesverband Bund Heimat und Umwelt in Deutschland, Bonn
2016–2020Geschäftsführer des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Köln
seit 2016Mitglied der Landesdenkmalräte Hamburg und Rheinland-Pfalz
seit 2017Mitglied im Vorstand des Deutschen Verbandes für Kunstgeschichte als Repräsentant der Berufsgruppe Denkmalpflege
seit 2020Wiss. Referent in der Denkmalerfassung beim LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Pulheim-Brauweiler
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Architekturgeschichte des 19.–21. Jh.s, bes. Nachkriegs- und Postmoderne; Theorie und Praxis der Denkmalpflege; Gartenkunst; bürgerschaftliches Engagement; Bildungsarbeit und Lehrtätigkeit in Baukultur und Denkmalpflege
Publikationsauswahl
  • (Hg. mit Constanze Moneke und Martin Neubacher) Beethovenhalle Bonn. Konzerthaus. Festsaal. Denkmal, Bonn 2010.
  • Die Zukunft von Sakralbauten im Rheinland (Bild – Raum – Feier. Studien zu Kirche und Kunst 10), Regensburg 2015.
  • Der Beitrag der Nachkriegsmoderne zur Gestalt der europäischen Stadt, in: Gudrun Escher, Christa Reicher et al. (Hgg.): Kulissenzauber? Stadtquartiere zukunftsfähig gestalten (Beiträge zur Städtebaulichen Denkmalpflege 5), Essen 2015.
  • Beiträge in der Reihe Architekturführer der Werkstatt Baukultur Bonn, u. a. Bd. 1: Beethovenhalle (2014), Bd. 2: Frankenbad (2013), Bd. 3: Stadttheater (2015), Bd. 4: Stadthaus (2014), Bd. 6: Juridicum (2016), Bd. 12: Stadthalle Bad Godesberg (2019).
  • Wahn, Zwang, Labilität. Beobachtungen zur Psychopathologie der Denkmalpflege, in: Stephanie Herold und Gerhard Vinken (Hgg.): Denkmal_Emotion. Politisierung – Mobilisierung – Bindung, Holzminden 2021, S. 96–101.
Kurzbiografie Andreas Putz
2001–2007Studium der Architektur in Dresden, Edinburgh und Zürich (Abschluss Dipl. Arch. ETH)
2007–2011Architekt in Basel (jessenvollenweider Architektur) und Dresden (knererlang Architekten), zuletzt verantwortlich für den Umbau und die Sanierung des ehem. Kaufhaus Schocken in Chemnitz von Erich Mendelsohn
2012–2015Promotion am Institut für Denkmalpflege und Bauforschung der ETH Zürich („Der Bestand der Stadt – Leitbilder und Praktiken der Erhaltung, Zürich 1930–1970“), Auszeichnung mit dem Theodor-Fischer-Preis 2016
2015–2017Wiss. Mitarbeit am Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS) in Erkner, am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur (gta) der ETH Zürich und Stipendiat am Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München
2018–2023TT Assistant Professor für Neuere Baudenkmalpflege an der Technischen Universität München
seit 2023Associate Professor für Neuere Baudenkmalpflege an der Technischen Universität München
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Geschichte und Theorie der Bauwerkserhaltung und Baudenkmalpflege; Architektur- und Baugeschichte im 20. Jh.; Methoden der Erfassung, Dokumentation und Bewertung in der Baudenkmalpflege; Baukonstruktionen, Gebäudetechnik und Baumaterialien im 20. Jh.
Publikationsauswahl
  • Housing Paul and Paula. Building Repair and Urban Renewal in the German Democratic Republic, in: Architectural Histories 7/1 (2019), S. 11 (http://doi.org/10.5334/ah.302).
  • Bitte in Farbe – Authentisierung durch Kolorierung, in: Michael Farrenkopf und Torsten Meyer (Hgg.): Authentizität und industriekulturelles Erbe, Berlin/Boston 2020, S. 57–82.
  • „Die Kerlchen freuen sich wie die Waldteufel auf ihr Titelchen und schuften ehrlich“, in: Robert Stalla (Hg.): Kunstgeschichte an Polytechnischen Instituten, Technischen Hochschulen und Technischen Universitäten, Wien/Köln/Weimar 2021, S. 535–562.
  • Architektur, in: Martin Sabrow und Achim Saupe (Hgg.): Handbuch Historische Authentizität, Göttingen 2022, S. 17–25.
  • The Survey of the Homeland and the Production of Regionalist Modernism. Switzerland and the USA 1930–1950, in: Michael Falser (Hg.): Picturesque Modernities / Modernités pittoresques, Rennes 2023, S. 267–294.