Bildräumlich­keit/Raum­bild­lich­keit – Paradig­ma­tische Wechsel­beziehungen und Über­gänge ausgehend von VR

Leitung: Stephan Günzel, Berlin / Annette Urban, Bochum

Die Sektion widmet sich einer Überwindung der Trennung zwischen Bild und Raum, die insbesondere im Aktionsbereich des Virtuellen virulent ist, wo sich beide qua Technik verschränken. So ermöglichen künstlerische VR-Experiences z. B. ein immersives Erleben im begehbaren Raumbild, lassen aber oftmals die Gemachtheit des mit Bildern und Texturen bekleideten Raumkonstrukts erkennen. Virtuelle Ausstellungen wiederum bilden einen zentralen Ort, an dem das Verhältnis von Bild und Raum über den prekären Status des Exponats als digitale Replik oder genuin räumliches VR-Kunstwerk derzeit neu verhandelt wird. Und die unterschiedlichen Entgrenzungen von rein virtueller hin zu überlagerter oder auch gemischter Realität sorgen ihrerseits für forcierte Wechselbeziehungen, insofern dabei eine digitale Bildschicht den physisch vorhandenen Raum überlagert und passgenau in ihm platziert wird.

Ausgehend von diesen neuartigen Formen von Bildräumlichkeit/Raumbildlichkeit fragen die Beiträge der Sektion danach, wie im Zuge dessen Innen-/Außen-Differenzen produktiv verunsichert werden und wie dies auf unterschiedliche institutionelle und soziale Kontexte sowie die Rezipientinnen und Rezipienten zurückwirkt. Die Beiträge nehmen paradigmatisch hierfür sowohl die digitalen Kunsträume als auch die Stadt in den Blick, um genauer zu bestimmen, inwieweit sich über eine spannungsreiche Bildräumlichkeit eine „Kopräsenz von Differenzen“ erfahrbar machen lässt. Ebenso schließen die untersuchten Dekonstruktionen von Innen und Außen Fragen nach dem menschlichen Bewusstsein ein, für das VR-Kunstwerke eigene theatrale Modellräume schaffen. Nicht zuletzt werden die jüngsten digitaltechnologisch verstärkten Übergänglichkeiten zwischen Bild und Raum in einigen Vorträgen in Bezug zu älteren Bildmedien gesetzt und Anschlüsse an das Panorama, das Relief oder den Wandschirm hergestellt.

 

 

Kurzbiografie Stephan Günzel
1992–1997Studium der Philosophie, Soziologie und Psychologie in Bamberg, Manchester und Magdeburg
1998–2000Mitarbeit und Promotion in Philosophie an der Universität Jena („Nietzsches Schreiben als philosophische Geographie“)
2000–2002Redaktionsassistent bei ProSiebenSat.1
2002–2004Postdoktorand an der Humboldt-Universität zu Berlin (VW-Projekt „Archive der Vergangenheit“)
2005–2008Mitarbeit im Bereich Bildtheorie an der Universität Jena
2008–2011Mitarbeit und Habilitation in Medien- und Kulturwissenschaft an der Universität Potsdam (DFG-Projekt „Medialität des Computerspiels“)
seit 2011Professur für Medientheorie an der University of Europe for Applied Sciences in Berlin
2018–2022Fachgebietsleitung der Medienwissenschaft an der TU Berlin
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Raumtheorie; Bildtheorie; AR/VR/MR
Publikationsauswahl
  • Egoshooter. Das Raumbild des Computerspiels, Frankfurt a. M. 2012.
  • Raum/Bild. Zur Logik des Medialen, Berlin 2012.
  • (Hg. mit Dieter Mersch) Bild. Ein interdisziplinäres Handbuch, Stuttgart/Weimar 2014.
  • Raum. Eine kulturwissenschaftliche Einführung, Bielefeld 2017.
  • (Hg. mit Espen Aarseth) Ludotopia. Spaces, Places and Territories in Computer Games, Bielefeld 2019.
Kurzbiografie Annette Urban
1993–2002Studium der Komparatistik, Kunstgeschichte und Romanistik in Bochum und Poitiers
2008Promotion im Fach Kunstgeschichte („Interventionen im public/private space. Studien zur Situationistischen Internationale und zu Dan Graham“); Promotionsstipendium des Cusanuswerks
2008–2010Wiss. Mitarbeiterin am Institut für Kunstwissenschaft und Kunstpädagogik der Universität Bremen
2009–2012Wiss. Mitarbeiterin, seit 2010 assoziierte Wissenschaftlerin des DFG-Projekts „Reflexionsräume kinematographischer Ästhetik. Konvergenzen filmischer und realer Räume in Kunstinstallationen und inszenierter Fotografie“ an der Universität zu Köln
2010–2022Juniorprofessur für Kunstgeschichte der Moderne mit dem Schwerpunkt Fotografie und Neue Medien, Ruhr-Universität Bochum
2015–2016Vertretungsprofessur am Institut für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München
2016–2025Antragstellerin und Vorstandsmitglied des interdisziplinären DFG-Graduiertenkollegs „Das Dokumentarische. Exzess und Entzug“
2022–2026 Mitglied des Leitungsgremiums des SFB „Virtuelle Lebenswelten“, Leitung des Teilprojekts „Virtuelle Kunst. Welt-, Körper- und Objektbezüge in VR-Experiences“, Ko-Leitung der Teilprojektvariante „Öffentlichkeitsarbeit. Vermittlung und Evidenz“
2022Professur für Kunstgeschichte der Moderne und Gegenwart mit dem Schwerpunkt Neue Medien, Ruhr-Universität Bochum
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Virtuelle Kunst; digital-im/materielles Arbeiten in der Gegenwartskunst; mediale Ortsbezüge in der Kunst seit 1960; Text-Bild-Verhältnisse, medienkünstlerische Schreibkulturen; Kunst und (städtische, mediale) Öffentlichkeiten/Publikum
Publikationsauswahl
  • (Hg. mit Friedrich Balke und Oliver Fahle) Durchbrochene Ordnungen. Das Dokumentarische der Gegenwart, Bielefeld 2020.
  • Digital arbeiten und das politisch Private heute. Film- und Videopraktiken zeitgenössischer Künstlerinnen, in: Frauen und Film 69 (2021), S. 85–103 (Themenheft „Frauen, Film, Arbeit“).
  • Augmented Image-Objects and the Handling of a Normalized Virtual, in: Lars Grabbe, Patrick Rupert-Kruse und Norbert M Schmitz (Hgg.): Augmented Images. Triology of Synthetic Realities II (Yearbook of Moving Image Studies 2021), Marburg 2022, S. 80–106.
  • Daten, Atmosphären, Texte – Künstlerische Erfahrungsräume und Virtualisierungen des Literarischen, in: Journal of Literary Theory 17/1 (2023), S. 111–142 (https://doi.org/10.1515/jlt-2023-2006).
  • Re-Building Virtuality: Lebensweltliche Mikrokosmen und die Referenzialisierung des 3D-Design in der Gegenwartskunst, in: Kassandra Nakas und Philipp Reinfelder (Hgg.): Bildhafte Räume, begehbare Bilder. Virtuelle Architekturen interdisziplinär, Paderborn 2023, S. 179–201.