Ernst H. Gombrich hat in seinem Buch „Means and Ends. Reflections on the History of Fresco Painting“ (1976) den Unterschied zwischen mittelalterlicher Wandmalerei und der der Renaissance folgendermaßen charakterisiert: Die mittelalterliche Wandmalerei stelle dar, was im Text zu lesen sei, die der Renaissance stelle dar, wie die beschriebenen Ereignisse vor unseren Augen erscheinen könnten, wenn wir sie sehen würden. Gombrich bezeichnet die Malerei der Renaissance als dramatische Evokation. In welchem Maße trifft diese Zielsetzung der suggestiven Erweckung von Ereignissen auf die barocke Wand- und Deckenmalerei zu? Hat man bei der barocken wandfesten Malerei von einem illusionistischen Spiel im Sinne einer bildlichen Inszenierung literarisch überlieferter Ereignisse zu sprechen oder hat man sie als virtuelle Realität zu begreifen, die selbst zum Zweck und Ziel der künstlerischen Bemühungen wird?
Mit welchen Mitteln stellten die Künstler des 17. und 18. Jahrhunderts das dar, was die reale Welt übersteigt, und das, was uns übersteigt? Haben die spezifischen Möglichkeiten der barocken Deckenmalerei wie Verkürzung, Untersicht, Lichtperspektive und räumlich inszenierte Zeitlichkeit die Darstellung transzendentaler Motive befördert oder entwickelten sich die genannten malerischen Techniken und Kunstgriffe anhand der Aufgabe, den Betrachter mittels transzendentaler Motive in seinem Inneren zu bewegen? Welche Rolle kommt hierbei dem Raum zu? Der Raum wird dabei sowohl als realer Ausgangspunkt verstanden, der je nach seiner Funktion und Bedeutung in unterschiedlichem Maße durch die Wand- und/oder Deckenmalerei illusionistisch zu erweitern war, als auch als virtueller, erst in der wandfesten Malerei geschaffener Raum. In der Sektion interessieren wir uns für die spezifische Rolle, die die barocke Deckenmalerei bei der Darstellung transzendentaler Motive spielte.